In den letzten Trainings haben wir in Bielefeld ganz gute Erfahrungen mit einer Übung gesammelt, die ich gern im Blog vorstellen würde!
Hintergrund ist die Schwierigkeit von Escapes – genauer die Schwierigkeit, die Trockenübungen im Spiel anwenden zu können. Man kann tippen üben, man kann schnell rauswerfen üben, man kann sogar Escapes üben, aber trotzdem ist ein großes Problem, das man bei einem tatsächlichen Angriff mit 2 gut geworfenen Scheiben innerhalb von 1,5 Sekunden die richtige Entscheidung treffen soll, und das ist schwer. Die Übung möchte einen Zwischenschritt anbieten, indem auch schon entschieden wird, aber nur noch zwischen 2 Optionen.
Variante 1: Du / Ich
Das übende Team bekommt Angriffe serviert (wie immer bei Übungen ruhig nicht ganz so fiese Angriffe, also zum Beispiel lieber zwei Rückhandwürfe und ohne dass beide Scheiben extrem nah beieinander liegen).
Auf diese Angriffe wird in dieser Variante ohne Tipps reagiert, es gibt nur die 2 Kommandos:
- „Du!“ – Back sagt an, dass Front zuerst fangen und werfen soll (Auch bekannt als: Go!).
- „Ich!“ – Back sagt an, selber zuerst fangen und werfen zu wollen (Auch bekannt als: Melken!)
Bitte beachten: Wer zuerst an die Scheibe geht, zählt, also entweder Du oder eben ich. Nach einigen Übungsangriffen für beide Teams folgt ein tatsächliches Spiel mit ausschließlich diesen Kommandos.
Natürlich wird es Momente geben, in denen ein Tipp sinnvoller wäre – das ist ein wertvoller Erkenntnisgewinn dieser Übung! Es geht aber hier nicht darum, dass Du/Ich besser funktioniert als wenn man auch tippen dürfte, es geht um die Komplexitätsverringerung. Sonderregel: Wer tippt, beendet den Wechsel mit 2 Punkten für den Gegner. 🙂
Variante 2: Tipp du / Ich tippe
Im nächsten Durchgang wird stattdessen ausschließlich getippt! Wieder kann Back ansagen:
- „Tipp du“ – Front soll tippen (und zählt seinen Tipp an)
- „Tippe!“ – Back will selbst tippen (und zählt seinen Tipp an)
Auch hier geht es um die Komplexitätsreduzierung. Natürlich werden manche Tipps blödsinnig sein, aber man probiert jetzt mal aus, was man nur mit diesen zwei Kommandos erreichen kann. Das schöne ist, dass die Beobachtungsleistung eigentlich die gleiche wie in Variante 1 ist: Wessen Scheibe kommt ein bisschen eher? Oder präziser: Wer kann jetzt einfacher dafür sorgen, zuerst zu seiner Scheibe zu gehen?
Nach einigen Übungsangriffen empfiehlt sich auch hier ein tatsächliches kurzes Spiel, in dem nur mit diesen beiden Kommandos auf Angriffe reagiert werden darf.
Das schöne ist, dass diese 4 Kommandos tatsächlich auch als 4 Kommandos funktionieren, die man dann zur Verfügung hat: Geübt wurden sie in 2er-Grüppchen, aber ich kann mit genau diesen 4 Kommandos im Spiel alles kommunizieren, was ich so brauche: Wenn viel Zeit ist, die Kommandos „Du“ oder „Ich“ zum Fangen und Rauswerfen, bei wenig Zeit die beiden Kommandos zum Tippen. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass die Kommandos in den Übungen unterschiedlich benannt sind (und eben nicht in der Tipp-Übung auch nur Du und Ich gesagt wird, obwohl das innerhalb der Übung reichen würde).
Variante 3: Ich / Ich tippe
Ursprünglich hatte ich nur Variante 1 und 2 geplant, und halte das auch für ein sinnvolles Training nur mit diesen beiden Ideen. Aus Jux haben wir dann noch die Variante ausprobiert, in der beide Spielenden jeweils 2 Kommandos sagen dürfen:
- „Ich!“ – Ich will selber werfen und fangen, warte kurz. (Ich zähle selbst)
- „Ich tippe!“ – Ich will tippen, warte auf meinen Tipp. (Ich zähle meinen Tipp an)
Das ist für Fortgeschrittene echt super interessant und funktioniert erstaunlich gut! Die Schwachstelle ist, dass bei knappen Angriffen unter Umständen beide Spielenden gleichzeitig ein Kommando sagen. Wir haben für diesen Fall festgelegt, dass dann Back’s Kommando vorgeht.
Der Vorteil dieser dritten Variante ist, dass die Entscheidungslast auf beide Spielenden gleichmäßig verteilt ist: Beide müssen gucken, ob die eigene Scheibe zuerst kommt. Ganz spannende Option, die tatsächlich die Komplexität dauerhaft auf 2 Kommandos runterbricht! So scheinen manche der amerikanischen Teams zu arbeiten, da wird wenig geredet bis auf ein „Ich“, würde ich aus manchen Videos denken.
Ich könnte mir auch gut vorstellen, dass die 4 Kommandos aus den ersten beiden Varianten der Standard sind, den man als Back parat haben sollte, und dann ist es ein weiteres Schmankerl, wenn Front mitdenkt und manchmal „Ich“ oder „Ich tippe“ sagt, aber andererseits glaube ich mittlerweile, es gibt echt mehrere gute Call-Systeme! Probiert es mal aus!